Lichen ruber ist eine verhältnismäßig häufige Erkrankung mit Knötchenbildung an Haut und Schleimhäuten. Die genaue Bezeichnung der gängigen Ausprägung lautet Lichen ruber planus, im Deutschen wird die Erkrankung auch Knötchenflechte genannt. Die Hautbefunde beim Lichen ruber sind charakteristische rötliche flache Knötchen, oftmals mit netzförmigen weißlichen Linien.
Die Befunde jucken stark. Die Ursache für Lichen ruber ist nicht genau bekannt. Sie tritt vorwiegend im mittleren Lebensalter auf. In vielen Fällen verschwinden die Hautknötchen nach wenigen Jahren. Es bestehen vielerlei Möglichkeiten, den Lichen ruber zu behandeln.
Die Ursache für die Knötchenflechte ist unklar. Es besteht eine Abwehrreaktion, die gegen körpereigenes Gewebe der Haut gerichtet ist, so dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine so genannte Autoimmunerkrankung handelt. Möglicherweise ist die Erkrankung virusbedingt. Einige Faktoren können zum Lichen ruber beitragen wie die Einnahme einiger Medikamente, die Virus-Hepatitis (Leberentzündung), manche weitere Erkrankungen sowie psychische Belastungen.
Im Grenzbereich von Oberhaut (Epidermis) und Lederhaut (Dermis) kommt es zu einem Entzündungsgeschehen, durch das einerseits Zellen zugrunde gehen, andererseits wiederum Zellen der Oberhaut angeregt werden, sich zu vermehren. Daher entsteht eine verhornende Verdickung an den betroffenen Stellen.
In den meisten Fällen handelt es sich um einen Lichen ruber planus. Hier zeigen sich Knötchen einer Größe im Millimeterbereich, die eher flach sind oder bisweilen in der Mitte eine Delle aufweisen. Sie sind gerötet, manchmal auch bläulich, und haben eine scharfe Grenze zur umgebenden gesunden Haut.
An den Stellen besteht ein Juckreiz. Mehrere Knötchen können ineinander übergehen und zu größeren Plaques werden. Es zeigt sich oft eine weiße Streifung in Form eines Netzes (so genannte Wickham-Streifen). Durch mechanische Einwirkung (Kratzen, Druckausübung, Verletzung) können die Knötchen provoziert werden (Köbner-Phänomen).
Der Lichen ruber kann überall an der Haut und Schleimhaut vorkommen, tritt aber an einigen Stellen des Körpers häufiger auf als an anderen Bereichen. So finden sich die Knötchen oft an der Handgelenk-Beugeseite, der Armvorderseite, unten am Rücken, am Knie, den Unterschenkeln sowie an der Mundschleimhaut und im Genitalbereich. Ferner können die Finger- oder Fußnägel betroffen sein. Meist kommen die Knötchen rasch zum Vorschein und verbleiben über Monate bis Jahre. Nach dem Verschwinden der Befunde zeigt sich dort eine verstärkte Pigmentierung.
Es können sich einige Sonderformen des Lichen ruber zeigen. Zu diesen gehören der Lichen ruber verrucosus, der vor allem am Unterschenkel zu langwierigen, großen Knoten mit späterer Narbenbildung führt, sowie der Lichen ruber acuminatus mit besonders kleinen Knötchen an den Haaraustrittsstellen.
In vielen Fällen kann schon anhand des Anblicks vermutet werden, dass es sich um einen Lichen ruber handelt. Zur grundlegenden Diagnostik durch den Arzt gehört schon die Befragung des Patienten (Anamnese) und die körperliche Untersuchung. Eine sichere Diagnose ist durch eine Probeentnahme (Biopsie) von Gewebe aus dem Knötchen möglich, in dem sich in der mikroskopischen Untersuchung (Histologie) charakteristische Veränderungen zeigen. Des Weiteren kann eine Blutuntersuchung sinnvoll sein, um eine gleichzeitig bestehende Hepatitis auszuschließen oder nachzuweisen.
Vor allem ein arzneimittelbedingter Ausschlag an der Haut kann sehr ähnlich wie ein Lichen ruber aussehen und muss von diesem unterschieden werden. Einige weitere Erkrankungen können ebenfalls zu ähnlichen Erscheinungen führen wie Lichen nitidus, Lichen amyloidosus, Graft-versus-Host-Reaktion (eine spezielle Immunreaktion nach Transplantation) oder Syphilis (Stadium II). Weißliche Veränderungen an der Mundschleimhaut können sich auch bei einer Reizung durch Rauchen bilden (Leukoplakia nicotinica).
Die Behandlung des Lichen ruber erfolgt hauptsächlich durch Cortison, das auf die Hautstellen aufgetragen wird. Bei schweren Verläufen kann das Cortison auch geschluckt werden. Manchmal werden weitere Medikamente wie Retinoide oder Cyclosporin A eingesetzt. Gegen den Juckreiz wirken darüber hinaus Antihistaminika. Um den Lichen ruber zum Abklingen zu bringen, kann auch eine spezielle Art der Bestrahlung mit UV-Licht (PUVA) vorgenommen werden. Weitere Möglichkeiten sind Kälte- oder Laserbehandlungen.
Lichen ruber ist eine Krankheit, die sich normalerweise über Monate bis Jahre hinzieht. Nach durchschnittlich eineinhalb Jahren verschwinden die Befunde, sie können manchmal aber auch wesentlich länger bleiben. Narben ergeben sich danach meist nicht. In seltenen Fällen ist es möglich, dass sich aus dem Lichen ruber (insbesondere im Mund) ein bösartiger Tumor entwickeln kann. Ansonsten ist das Krankheitsbild ungefährlich.
Letzte Aktualisierung am 18.03.2021.