Der Begriff Lichen sclerosus stammt aus dem griechischen und bedeutet „trockene Flechte“. Die typisch weißen, derben, später vernarbten Hautknoten der Lichen sclerosus erinnern an eine Wuchsform der Flechte, daher die Bezeichnung. Flechten sind Lebensgemeinschaften zwischen Algen und Pilzen, die auf der Rinde von Bäumen wachsen können.
Beim Lichen sclerosus handelt es sich um eine gutartige chronische Hauterkrankung. Sie ist nicht ansteckend und tritt hauptsächlich im Genitalbereich auf. Betroffen sind vor allem Frauen in den Wechseljahren, selten können jüngere Frauen, Kinder oder Männer daran erkranken. Typische Symptome sind weißliche Hautveränderungen sowie Brennen und Jucken im Intimbereich.
Leider wird die Erkrankung über eine längere Zeit fehlgedeutet. Sie bleibt oft unerkannt, weil die Symptome Jucken und Brennen als Scheidenpilz, Psoriasis oder als allergische Reaktion falsch interpretiert werden. Betroffene warten lange auf die richtige Diagnose. Wird die Erkrankung nicht behandelt, können die Entzündungen zu Narben, Verklebungen und Schrumpfen von Hautarealen führen. Ebenso ist das Risiko für bösartige Veränderungen erhöht.
Die Ursache des Lichen sclerosus ist bisher nicht ausreichend geklärt. Neben einer genetischen Veranlagung scheint Stress, das Einfluss auf das Immunsystem hat, eine Rolle zu spielen. Auch alte Verletzungen oder hormonelle Störungen werden als Auslöser diskutiert. Infektionen und allergische Prozesse scheinen bei der Krankheit keine Rolle zu spielen.
Die Erkrankung betrifft vor allem den Genitalbereich. Betroffen sind die Schamhaut, Schamlippen, Klitoris, Damm, Anus und Gesäßfalte. Die Hauterkrankung kann auch im Afterbereich, an den Oberschenkelinnenseiten und im Rücken und Schulter-Bereich auftreten. Frauen sind am häufigsten betroffen. Die Erkrankung wird von Juckreiz begleitet. Im Frühstadium zeigt sich ein braunroter Ausschlag.
Es kommt zu folgenden Beschwerden und Symptomen in unterschiedlicher Ausprägung:
Die Erkrankung tritt in Schüben auf.
Häufig sind Hausärzte mit dem Krankheitsbild Lichen sclerosus nicht vertraut. Nicht selten wird sie daher als Pilzerkrankung, Psoriasis oder allergische Hautreaktion fehldiagnostiziert. Hautärzte können anhand von typischen Veränderungen (weißliche Beläge im Anus- und Genitalbereich in Kombination mit Juckreiz) schon bei äußerlicher Betrachtung eine Verdachtsdiagnose stellen. Nur Gewebeproben (Biopsie) von den veränderten Hautbereichen können die Diagnose sichern. Die Proben werden im Labor mikroskopisch untersucht. So können auch infektiöse oder tumoröse Erkrankungen, die ähnliche Symptome aufweisen können, ausgeschlossen werden. Bei Kindern werden grundsätzlich keine Gewebeproben entnommen. Da die Probenentnahme im Anogenitalbereich für Kinder eine sehr traumatische Erfahrung sein kann.
Folgende Erkrankungen können ähnliche Hautveränderungen wie Lichen sclerosus hervorrufen:
Der Lichen sclerosus ist bisher nicht heilbar, aber mit der richtigen Therapie gut behandelbar. Die Erstbehandlung erfolgt äußerlich mit stark bis sehr stark wirksamen kortikoid-haltigen Salben (Wirkstoff Clobetasolpropionat). Sie wirken entzündungshemmend, unterdrücken das Immunsystem und lindern den Juckreiz. Regelmäßig angewendet verschwinden beim Großteil der Betroffenen die Beschwerden. So kann eine frühe und konsequente Behandlung Langzeitfolgen und Komplikationen verhindern. Wenn das Auftragen der Salbe nicht zum Erfolg führt, kann das Kortision auch direkt in die betroffenen Hautareale gespritzt werden.
Wichtig ist eine angemessen starke und lange Behandlung. Dafür erfolgt zunächst eine Schubtherapie über drei Monate mit einer langfristigen oder auch lebenslangen Erhaltungstherapie. Die Beschwerden nehmen bereits nach einigen Tagen oder Wochen ab. Wird die Behandlung abgebrochen, kann es erneut zum Aufflammen der Erkrankung führen. Bei Unverträglichkeit von Kortison-Präparaten können alternativ Calcineurininhibitoren wie Tacrolimus eingesetzt werden. Sie haben eine ähnliche Wirkung wie Kortison, indem sie die Immunantwort unterdrücken und immunmodulierend wirken.
Nicht immer führt die Behandlung mit Kortison zum Erfolg. Das kann zu chronischen, langsam voranschreitende Erkrankungsverläufen führen. Die Erkrankung kann bei Betroffenen das Sexualleben beeinträchtigen, was die Lebensqualität einschränkt und einen großen Leidensdruck verursacht.
Wenn die Erkrankung zu Einengungen im Scheideneingang führt, wird zunächst versucht die Öffnung mit Dilatatoren zu weiten. Gelingt dies nicht ausreichend kann ein kleiner operativer Eingriff nötig sein. Auch Vernarbungen und Hautveränderungen müssen manchmal chirurgisch entfernt werden. Bei Männern mit Vorhautverengung wird die Engstelle ebenso operativ entfernt.
Da die Ursache des Lichen sclerosus bisher nicht geklärt ist, sind auch keine vorbeugenden Maßnahmen bekannt.
Wichtig ist eine ausreichend lange, teilweise dauerhafte Behandlung mit kortisonhaltigen Salben. Nur so kann eine bösartige Entartung (beispielsweise Vulvakrebs) oder wiederkehrende Krankheitsschübe weitestgehend verhindert werden.
Folgende Maßnahmen helfen zusätzlich den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen:
Bei richtiger Therapie sind gute Behandlungserfolge zu erzielen. Der Lichen sclerosus ist eine gutartige, aber nicht heilbare, chronisch fortschreitende Erkrankung mit wiederkehrenden Krankheitsschüben. Der Verlauf variiert von Patienten zu Patienten. Unbehandelt kann es zu schweren Hautveränderungen kommen. Betroffene haben ein erhöhtes Risiko, Hautkrebs zu entwickeln. Regelmäßige medizinische Kontrollen sind wichtig, um bösartige Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.
Wird die Erkrankung früh erkannt und konsequent behandelt, verschwinden die Beschwerden in der Regel rasch. Doch nur mit langfristiger konsequenter Behandlung können wiederkehrende Erkrankungsschübe vermieden werden.
aktualisiert am 10.10.2022